Der XC Virus geht um!

Über einen schönen Drachenflug im Odenwald am 24.4.03 und überhaupt übers Streckenfliegen…

(dieser Flugbericht mit Start in unserem Gelände wurde uns freundlicher Weise von
Lukas Etz zur Verfügung gestellt.)

…Mittlerweile flieg ich ja schon ein paar Jährchen mit dem Drachen. Auch kleine, kurze Flüge machen immer noch Spaß, im Winter fahr ich sogar manchmal für einen einfachen Gleitfluga auf den Melibokus (das ist mein Hausberg mit 400m Höhenunterschied). Aber im Frühling und Sommer,
wenn die Thermikwolken am Himmel stehen, da halt ichs nie lange über dem Melibokus-Gipfel aus die Streckenflugbegeisterung treibt mich: > weg vom Berg, hinein in den Odenwald oder in die Rheinebene. Leider konnte ich meine Fliegerkumpels kaum zum Mitmachen motivieren, es gibt einfach zu viele Hürden berufliche und familiäre Verpflichtungen, „keine Zeit“. Das ist ja ein häufiger Begriff in unserer Kultur geworden.

Eine der kleinsten Hürden ist weggefallen: Zur Teilnahme am Streckenflugwettbewerb vom DHV gibt es keinen Papierkram mehr. Durch die GPS Technik ist die Streckendokumentation jetzt stressloser geworden. Dank dieses Online Contests (OLC) kann ich schnell mal meinen letzten Flug allen Clubkameraden unter die Nase halten und sie zum „Mitmachen“ motivieren.

Und: Es funktioniert! auf einmal werden im Odenwald Strecken mit dem Drachen geflogen wie noch nie.

Zusätzlich ist dieses Frühjahr das Wetter so gut, wie ich es hiernoch nie erlebt habe. Die Bauern klagen über die Trockenheit, aber für uns Flieger ist es einfach klasse. Eine Wolkenbasishöhe von über 2000m ist eher die Regel als die Ausnahme. Durch meinem Job (Solartechnikmontagen) stehe ich oft auf Hausdächern und bin schon im April wieder richtig braun. Ich habe ein paar Superthermiktage auf Dächern arbeitend verbracht, aber heut kommts anders… Mein Heizungsbaukollege Robert hat sich gerade leicht verletzt, somit muß die aktuelle Baustelle ruhen. Pech für ihn, aber für mich heißt das einen Tag frei- jippieh!

Der Wetterbericht verspricht Gutes – der Deutsche Wetterdienst empfiehlt den Segelfliegern ein 434er Dreieck zu fliegen. Mit dem Drachen könnte dann auch ein 100er klappen!

Also geht die Vorbereitung los:

  • Etwa 1000 Akkus laden (zum Glück gibts Schnelllader),
  • Wetterinfos einholen
  • leichter Ostwind ist angesagt – nicht sogut am MelibokusUL-Schlepp anzetteln
  • Peter Kaltenhofer schleppt uns tatsächlich (trotz lädiertem Bein)
  • Klinke einpacken,
  • die anderen Kollegen anrufen Georg und Harald sind auch dabei!

Na prima – Betriebsausflug der Fa. solar und mobil! Ich weiß, Schorsch kann sich nie im Büro losreißen, also hol ich ihn ab. Er telefoniert und telefoniert. Ist der Hörer am Ohr angewachsen? Oh Mann. Endlich geht’s los – aber Schorsch hat gerade seinen Drachen verkauft. Also ein anderes Gerät ausleihen, Umwege fahren, wir kommen am Melibokus vorbei: Anja, Patrick und die anderen Verrückten sind schon vor elf Uhr am Fliegen! Auch Walter Schurr muss heute keine Boeing steuern und fährt gerade zum Startplatz hoch,.. und wir müssen jetzt noch mit dem Auto tief in den Odenwald fahren zum Flugplatz Michelstadt. Die Staus und roten Ampeln nerven gewaltig, der Blick zu den ersten Cumuli am Himmel bringt mich beinahe zum Wahnsinn („Ruhigblut, Kleiner“).

12:15 erreichen wir endlich den Flugplatz Tach Peter, wie gehts dem Bein? ..äh,.. ich bau schon mal auf..
12:40 – Peter hat mich per UL direkt in einen 2m-Bart geschleppt, 400m senkrecht über dem Platz,.. ich klinke das Schleppseil aus,.. . und kurbele auf 1700 hoch, bevor ich „ganz oben“ bin, fliege ich nach Osten ab… und jetzt sage ich mir wieder: „Ruhig Kleiner!“ Ich habe noch die Worte von Ligapilot und Streckenrekordler Bernd Otterpohl im Hirn: „…an erster Stelle sollte immer die Freude am Fliegen stehen, nicht die Jagd auf km oder Punkte.“

Er hat ja so recht! Ich beginne den Flug zu genießen, der Odenwald ist ja sooo schön im Frühling. Gemütlich fliege ich 15km bis fast zum Main, und dann (wie verabredet) nach Süden zum Neckar, in der Hoffnung das Schorsch direkt von Michelstadt nach Süden fliegt, und dass ich ihn unterwegs treffe. Ich suche den Himmel ab,.. ahja davorne isser! Ein, zwei Bärte kreisen wir zusammen. Aber unsere Wege trennen sich wieder, er wählt seine südliche Wende am Neckar und ich weiter im Westen. Ich fliege über Heidelberg weit raus ins Flache bis zum Hockenheimring. Dann wieder zurück zu den Odenwaldbergen. Und was dann kommt ist das Beste was ich jemals hier erlebt habe: eine Super-Wolkenstraße. Zu dieser steige ich mit 3 m/sec hoch und es geht an der Basis im
Geradeausflug dahin. Ich schaue an den Schriesheimer Startplatz runter: kein Mensch mehr da bei dieser Hammerthermik hat es vermutlich auch alle Fußgänger vom Boden weggerissen!

Ich kenne die Odenwaldkante zwischen Schriesheim und Melibokus in- und auswendig, aber das die ganze Strecke (30km) ohne Kreisen zu fliegen ist, hätt ich nicht mal geträumt.

Während des Dahinzischens treffe ich Kai Ehrenfried und Walter Schurr in der Luft, sie fliegen auch im Delphinflugstil, aber in umgekehrter Richtung. Ruckzuck bin ich vorm Melibokus und denke mir: „wenn ich so weitermache nagele ich direkt zum Flughafen Frankfurt,.. das finden die bestimmt nicht lustig“. Also biege ich nach links ab, und fliege in Richtung Rhein. Ein netter Cumulus steht direkt über dem Gebäude unserer Firma, und .. die blöde Wolke löst sich gerade auf als ich ankomme. Also noch weiter nach Westen, immer weiter und immer tiefer.

Nach viel Suchen finde ich wieder einen Lift zur Basis, gleite in Richtung Gernsheim am Rhein, schaue auf die Uhr und das GPS: wenn ich’s wieder nach Michelstadt schaffe, dann hab ich das 150 FAI Dreieck in der Tasche also los – ab nachhause! Ich lasse den Meli links liegen und
muss noch zweimal tief runter, einmal mach ich sogar schon denn Gurt auf. Aber dann trägt mich wundervolle Thermik wieder nach oben. Wie immer an diesem Tag sind die Aufwinde vom Allerfeinsten – kerzengrade, kein Wind, keine Turbulenz. Als ich die Endanflughöhe erreiche, verlasse ich den kräftigen Bart, gleite zum Flugplatz und sehe nach unten: Schorschs Drachen steht schon da. Im Gegenanflug sehe ich ihn sogar selbst – mit einem Glas Bier im Garten der Flugplatzkneipe! Na supi. Ich lande 30m neben Schorsch und wir strahlen beide um die Wette.

Schorsch hat ein 138er Dreieck geflogen, bei mir sinds sogar 160 km geworden. Wir schwärmen endlos über alle Details von diesem Thermiktag.

Nach und nach trudeln dann die Infos von den anderen Clubkollegen ein.

  • Oliver Schmidt hats in der Eifel probiert, aber leider schlechteres Wetter erwischt.
  • Walter ist vom Melibokus ein 122km Dreieck Dreieck geflogen (und hat eine riesige Gesamtstrecke zurückgelegt).
  • Jürgen Demler hat sich seinen alten Traum erfüllt und ist zum ersten Mal nachhause gesegelt.
  • Harald hat vom Melibokus auch über 100 Dreiecks-km geschafft, aber sein GPS hat gestreikt.. Auch Schorsch fehlen durch GPS Probleme ein paar Dokumentationspunkte aber was solls?

Was bleibt sind mehrere Dinge:

  • mein tiefer Dank an Peter Kaltenhofer, der schon wieder Zeit, Nerven und ein UL für uns hatte
  • Unser Club, der 1.ODC liegt im Moment mit sattem Vorsprung auf Platz 1 des Online Contests. (Hey, ihr Alpen-Streckenflieger – wie lange wollt ihr da noch zusehen?!)
  • Die verblüffende Erkenntnis, das mit dem Drachen in unserer Region auch ein 200er Dreieck möglich ist!!!
  • Die Streckenflug-Infektion geht wieder richtig um und vor allem:.
  • jeder von uns hat die Chance genutzt und einen wunderbaren Flug erlebt.(wird bestimmt nicht so schnell vergessen)

Wer Lust hat sich die Flüge genauer anzusehen, kann das ganz einfach im Internet tun.(die Links sind ja oben im Text) oder… Wenn Du Lust hast, das nächste Mal mitzumachen dann lies Dir doch diese Seite auch noch durch.

Bis demnäxt
Lukas Etz